Unsere Ehrenamtlichen sind ein Spiegel der Gesellschaft

Frau Wirth, was ist Ihre Aufgabe?
Ich bin Leiterin des ambulanten Hospiz- und Kinderhospizdienstes in Halle. Wir bereiten Ehrenamtliche vor, dass sie in die Begleitung von schwerkranken Menschen gehen können. Personen, die unseren Vorbereitungskurs besuchen möchten, sind sehr vielfältig, sie sind ein Spiegel der Gesellschaft. Bevor eine Begleitung beginnt, führen die Koordinatorinnen ein Erstgespräch in den Familien. Sie kennen die Ehrenamtlichen gut und wissen, wer zu welcher Familie passt. Denn unsere Mitarbeiter sind nicht nur für den kranken Menschen da, sondern auch für die Familie.

Was bedeutet Begleitung?
Das bedeutet, sich um einen Menschen zu sorgen, für ihn da zu sein, ihn so zu nehmen, wie er ist, ihm auf Augenhöhe zu begegnen. Und gerade in der Ehrenamtlichkeit ist es so, dass jemand aus der Gesellschaft zu einem Kranken kommt, der oft nicht mehr richtig teilnehmen kann, und ihm damit Wertschätzung entgegen bringt. Das ist gelebte Solidarität. Man zeigt, dass man sich um einen fremden Menschen sorgen möchte und dass man sich auf die damit einhergehende Unsicherheit einlässt.

Wie kann man das Thema Sterben noch besser in die Gesellschaft tragen?
Wir werden alle das Lebensende erleben, deshalb wäre es schon gut sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das heißt aber nicht, dass man immer an das Sterben denken sollte. Man soll das Leben schon genießen dürfen.
Zu meiner Funktion gehört neben der Betreuung des Ehrenamtes auch die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. Wir möchten erreichen, dass „normaler“ mit den Themen ‚Sterben, Tod und Trauer‘ umgegangen wird und diese in unsere Bildungsstrukturen integriert werden. In der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen steht zum Beispiel, dass auch Lehrer fortgebildet werden sollen, um im Alltag z. B. trauernde Kinder zu unterstützen. Da muss man ansetzen, bei den flächendeckenden Bildungsstrukturen: Es gibt schon gute Projekte dafür: „Hospiz macht Schule“ für die Grundschule, das Projekt „Endlich“ - für Jugendliche, „Letzte Hilfe Kurse“ für Erwachsene. Das alles braucht viel Zeit und die Schritte sind klein, aber stetig. Wir haben mittlerweile auch ein Hospiz- und Palliativgesetz. Somit hat jeder Mensch in Deutschland das Recht auf eine gute Sterbebegleitung.

Was muss man mitbringen, um dieses Ehrenamt ausführen zu können?
Um ehrenamtlich zu begleiten, ist es ganz wichtig, dass man sich mit der eigenen Biografie auseinandersetzt, das geschieht auch in den Vorbereitungskursen. Je mehr ich über meine eigenen Dinge weiß und je fester ich auf beiden Beinen stehe, desto besser kann ich begleiten. Dann kann ich gut aushalten und beistehen, dem schwerkranken Menschen und der Familie gegenüber. Dafür sollte ich mit mir im Reinen sein und dazu muss man auch bereit sein.
Es gibt auch Menschen, die den Kurs wieder aufhören. Somit sind die ersten Termine konkret zur Orientierung da. Erst nach einem Jahr Vorbereitung gehen unsere Ehrenamtlichen in den Einsatz.
Zudem sollte man ein empathisches Gegenüber sein und differenzieren können, dass die Situation der Begleiteten gerade eben nicht die eigene ist. Da braucht es eine gute Abwägung von Nähe und Distanz. Wenn man zu nah ist, kann es schwierig werden.
Ich finde es sehr bewundernswert, dass unsere Ehrenamtlichen sich für das Lebensende einsetzen. Das zeugt von viel Solidarität.

Vielen Dank für das Gespräch.
Notburga Wirth ist Leiterin der Ambulanten Dienste.
 

Hospiz am St. Elisabeth-Krankenhaus Halle gGmbH